Die weltweit starke Zunahme internationaler Menschenrechtstribunale und die (Wieder-)Entdeckung des Individuums als Völkerrechtssubjekt hat eine rege Diskussion über eine „Konstitutionalisierung“ des Völkerrechts beflügelt. In Fortsetzung eines Projekts, das von den Mächten der Anti-Hitler-Koalition im Zuge des Nürnberger Hauptkriegsverbrechertribunals angestoßen, aber seinerzeit nicht zu Ende geführt worden war, soll nun – in den Worten von Jürgen Habermas – „der Weg vom Staaten- zum Weltbürgerrecht“ beschritten werden. Dagegen warnen Kritiker vor einem weiteren Ausbau des humanitären Völkerrechts, weil dadurch unrealistische Erwartungen geweckt würden, die in einer weiterhin durch Staaten dominierten internationalen Politik nicht einlösbar seien. In dem Vortrag soll zunächst erklärt werden, warum sich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ein neues Verständnis vom Völkerrecht herauszubilden begann, das zum Anknüpfungspunkt für politische, soziale und kulturelle Forderungen wurde. Zum anderen wird erläutert, warum sich dieses Projekt nicht ohne weiteres in lineare Erzählungen des zivilisatorischen Fortschritts oder der hegemonialen (westlichen) Dominanz einfügen lässt.
Event
Ein neues Recht für das 20. Jahrhundert?

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Speaker Prof. Annette Weinke
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Location
University of Luxembourg, 11 Porte des Sciences, Maison des Sciences Humaines – Salle : Black Box
4366, Esch-sur-Alzette, LU
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Topic(s)
Humanities