Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit gehen oft Hand in Hand, und wie könnte man beides besser verbinden als mit Gesellschaftsspielen? Genau das geschieht mit „Environmental Detectives” und „Power Planner”, zwei Spielen, die jeweils von Parviel Chirsir, Doktorand am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB), sowie von Dr. Louis Krieger und Sébastien Elixander vom Scienteens Lab entwickelt wurden. Diese spielerischen und zugleich lehrreichen Kreationen sind perfekte Beispiele dafür, wie sich wissenschaftliche Inhalte vermitteln und komplexe Fragestellungen auf unterhaltsame Weise bearbeiten lassen.
In „Environmental Detectives“ versammeln sich die Spielenden um Pinnwände und werden eingeladen, ein Umwelträtsel zu lösen. Warum wird eine Eichhörnchenfamilie auf dem Dachboden krank? Weshalb geht es den Barschen im örtlichen Fluss schlecht? Nach der Auswahl eines von acht verfügbaren Szenarien beginnt die Spurensuche nach dem verantwortlichen chemischen Übeltäter. „Die Spielenden sammeln Hinweise zur Quelle der Verschmutzung, ihre Umweltauswirkungen und dazu, wie Betroffene ihr ausgesetzt sind“, erklärt Parviel Chirsir, Doktorand in der Forschungsgruppe Environmental Cheminformatics am LCSB. „Dabei lernen sie chemische Eigenschaften wie Persistenz, Mobilität, Bioakkumulation oder Toxizität kennen und haben gleichzeitig Spaß daran, Informationen auf einer Art „Detektivtafel“ zu sammeln und mit roten Fäden miteinander zu verknüpfen.“
Wissenschaftliches Verständnis durch Geschichten und Spiele fördern
Das erste Spiel wurde im Rahmen von DESCOM entwickelt, einem Programm der Universität Luxemburg, das Doktoranden in Wissenschaftskommunikation schult. Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Parviel Chisir und seinem Doktorandenkollegen Franco Catuogno vom Luxembourg Institute of Health. Rund zwei Monate intensiver Arbeit waren nötig, um das Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Sie entwickelten Geschichten über „ewige Chemikalien“, Pestizide und Kunststoffzusätze, die viele aus dem Alltag kennen, und gestalteten auffällige Karten, um dem Spiel eine starke visuelle Identität zu verleihen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Environmental Detectives“ wurde mit über 85 Personen getestet, von Kindern bei Workshops im Luxembourg Science Center bis hin zu Erwachsenengruppen und die Reaktionen waren unglaublich positiv. „Viele Teilnehmende sagten uns, dass das Spiel ihnen geholfen hat, komplexe wissenschaftliche Themen auf einfache und unterhaltsame Weise zu verstehen”, betont Parviel Chirsir. „Es zeigt deutlich, dass wir durch Geschichten und Spiele wissenschaftliche Kompetenz fördern, kritisches Denken zu Umweltfragen stärken und fundierte Entscheidungen unterstützen können.“
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch das Team des Scienteens Lab. Ihr Spiel nimmt die Spielenden mit auf eine Reise, auf der sie ein Energienetz aufbauen, Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringen und prüfen, ob ihre Stadt die vier Jahreszeiten übersteht. Nach zweijähriger Entwicklungszeit gelingt es „Power Planner“, die Komplexität der Energieversorgung einer Bevölkerung anschaulich zu vermitteln. Dabei spielen nicht nur wissenschaftliche Aspekte eine Rolle, sondern auch politische und wirtschaftliche Überlegungen. „Wir haben viele Versuche und Anpassungen gebraucht, um die richtige Kombination zu finden“, erklärt Dr. Louis Krieger, der bei Scienteens Lab für die Bereiche Physik und Nachhaltigkeit zuständig ist. „Jetzt haben wir ein Spiel, das dazu anregt, über geeignete Technologien für Strom, Wärme und mechanische Energie nachzudenken, sowie über Budgetmanagement und den Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen wie Wetterbedingungen oder neuen Gesetzen, die die Strategie beeinflussen.“
In der Schule gespielt und bald im Handel erhältlich
Bislang haben rund 50 Schulklassen der Oberstufe mit „Power Planner“ gespielt, und es ist faszinierend, den Spielverlauf zu beobachten. Schüler und Lehrer diskutieren ununterbrochen: Sollen wir uns für ein Kernkraftwerk entscheiden oder eher für eine Kombination aus erneuerbaren Energien wie Windkraft und Wasserkraft? Müssen wir unsere Strategie nach einem harten Winter anpassen? Das Spiel entwickelt eine Eigendynamik, wenn ein Team verhandelt, um seine überschüssige Energie an eine konkurrierende Stadt zu verkaufen, während ein anderes versucht, einen Energiekonverter zu tauschen… und es wird mit jeder Runde besser.
Das Spiel ist so beliebt, dass das Scienteens Lab plant, es langfristig zu vermarkten, zunächst an Gymnasien in Luxemburg und dann an Bildungseinrichtungen in ganz Europa. Der Prozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen, da die Produktionslinie noch eingerichtet und einige rechtliche Fragen mit Unterstützung des Büros für Partnerschaft, Wissens- und Technologietransfer der Universität Luxemburg geklärt werden müssen. Doch schon nächstes Jahr um diese Zeit könnte vielleicht ein „Power Planner” unter Ihrem Weihnachtsbaum liegen. Und wer nicht so lange warten möchte, kann das Scienteens Lab kontaktieren, um eine Spielsession mit der eigenen Klasse zu organisieren, oder das LCSB-Team beim Tag der offenen Tür 2026 für eine Partie „Environmental Detectives” antreffen.