Erklimmen wir die soziale Leiter allein oder mithilfe unserer Gemeinschaften? Die frühkindliche Bildungspolitik setzt auf Ersteres. Individuelle Fähigkeiten – kognitive wie soziale – spielen in der frühkindlichen Bildung eine viel größere Rolle als Fragen des sozialen Zusammenhalts und der Lebensumstände. Dadurch werden Wettbewerb und Individualismus gegenüber Kooperation und Solidarität bevorzugt.
Dies geht aus einer Studie der Universität Luxemburg, der Autonomen Universität Barcelona (AUB) und der Technischen Universität München (TUM) hervor. In dieser Studie wurden die bildungspolitischen Leitlinien in mehr als 50 Ländern weltweit untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass die untersuchten Länder in ihrer ECE-Politik insgesamt eine wirtschaftliche Leistungsgesellschaft anstreben und individuelle Fähigkeiten sowie Handlungsfähigkeit gegenüber Solidarität und Gemeinschaftsorientierung fördern. Darüber hinaus betrachten die Länder individuelles Handeln als wesentlichen Faktor für den Erfolg. Nur vier Länder – Irland, Neuseeland, Malaysia und die Philippinen – erkennen an, dass auch unkontrollierbare Faktoren Einfluss haben können. Die Bedeutung der sozioökonomischen Verhältnisse von Kindern für den Bildungserfolg, beispielsweise die Unterstützung durch Lehrer, Eltern oder Gleichaltrige, spielt in den Programmen ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle.
90 Politikdokumente aus 53 Ländern
Die Forscher Katarzyna Bobrowicz, Pablo Gracia, Ziwen Teuber und Samuel Greiff untersuchten erstmals, ob sich ein globales Bild der grundlegenden Einstellungen, auf denen diese Programme basieren, zeichnen lässt. Für ihre in Plos One veröffentlichte Studie „The meritocracy trap: Early childhood education policies promote individual achievement far more than social cohesion” analysierte das Forschungsteam mehr als 90 offizielle Dokumente aus 53 Ländern weltweit, sowie aus der Europäischen Union und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Bei den Dokumenten, die den Zeitraum von 1999 bis 2023 abdecken, handelte es sich in erster Linie um Leitlinien, Bildungspläne und ähnliche Veröffentlichungen, die grundlegende bildungspolitische Orientierungen skizzieren. Die Forscher stellten fest, dass die OECD und die EU die Bedeutung eines universellen, gerechten Zugangs zur frühkindlichen Bildung bekräftigten.