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Mit von Mikroben produzierten Molekülen Parkinson frühzeitig erkennen

  • Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB)
    14 Juli 2025
  • Kategorie
    Forschung
  • Thema
    Lebenswissenscha​ften & Medizin

Prof. Paul Wilmes hat vom European Research Council (ERC) einen Proof of Concept-Grant erhalten, um zu erforschen, ob kleine Proteine, die von Darmmikroben gebildet werden, als Biomarker für die Parkinson-Krankheit dienen können. Diese neurodegenerative Erkrankung betrifft weltweit mehr als 6 Millionen Menschen und wird in der Regel meist erst diagnostiziert, wenn bereits motorische Symptome auftreten und das Nervensystem erheblich geschädigt ist. Eine frühzeitige Diagnose ist daher von entscheidender Bedeutung, um rechtzeitig therapeutisch eingreifen und den Krankheitsverlauf verlangsamen zu können. Genau hier kommen die Mikroben ins Spiel, die den menschlichen Darm besiedeln.

„Im Rahmen unseres ExpoBiome-Projekts, das durch einen ERC Consolidator Grant gefördert wird, haben wir entdeckt, dass bestimmte kleine Proteine, die vom Darmmikrobiom produziert werden, die Aggregation von α-Synuklein auslösen können. Die Verklumpung dieses Proteins ist das molekulare Schlüsselmerkmal der Parkinson-Krankheit,“, erklärt Professor Wilmes, Leiter der Systems Ecology Gruppe am LCSB. „Mit dem neuen ERC Proof of Concept-Grant wollen wir nun prüfen, ob sich diese kleinen, vom Mikrobiom stammenden Proteine als prädiktive Biomarker genutzt werden können. Das würde bedeuten, dass man durch ihre Quantifizierung in Stuhl- oder Blutproben effizient Menschen mit einem Risiko identifizieren und so die Krankheit frühzeitig erkennen könnte.“

Im Fokus: Proteine aus dem Mikrobiom

Example of 3D structure of a microbiome-derived small protein that form an amyloid aggregate with human α-synuclein.

Nachdem die bisherigen Ergebnisse aus dem ExpoBiome-Projekt das klinische Potenzial dieser kleinen Proteine aus dem Mikrobiom aufgezeigt hatten, entwickelten und patentierten Prof. Wilmes und sein Team eine neue Methode, um die vielversprechendsten Moleküle unter ihnen zu identifizieren. Diese auf modernsten Omics-Technologien und Künstlicher Intelligenz basierende Analysepipeline ist der erste Schritt, um geeignete Kandidaten aus allen Proteinen für die Risikoabschätzung und Diagnostik zu bestimmen.

Bild: Beispiel einer 3D-Struktur von sechs Kopien eines vom Mikrobiom produzierten kleinen Proteins (grün) sowie das menschliches α-Synuklein (blau) „cross-seeded“, das so ein Amyloid-Aggregat bildet und das molekulare Kennzeichen der Parkinson-Krankheit darstellt.

    Methode optimieren und Marktchancen prüfen

    Dank des neuen ERC-Grants, kann die bestehende Methode nun weiter verfeinert werden. Geplant sind Analysen von Stuhl- und Blutproben von Menschen mit Parkinson, von Menschen mit REM-Schlafverhaltensstörung, die häufig ein sehr frühes Stadium der Krankheit markiert, sowie von gesunden Kontrollpersonen. Der Nachweis dieser vom Mikrobiom produzierten Proteine bei Risikopersonen und Patienten wäre der erste Schritt zu einem nicht-invasiven Verfahren für eine frühe Parkinson-Diagnose. Außerdem wird das Team die technische Machbarkeit und Reproduzierbarkeit der Methode untersuchen und eine Marktanalyse durchführen, um das kommerzielle Potenzial abzuschätzen.

    Ein kooperatives Bestreben von der Forschung zur klinischen Umsetzung

    Für die Umsetzung arbeitet Prof. Wilmes im Projekt mit internationalen Partnern zusammen. Dazu zählen unter anderem etablierte Kooperationen mit Prof. Brit Mollenhauer von der Paracelsus-Klinik Kassel und dem Universitätsklinikum Göttingen sowie mit der Forschungsgruppe von Prof. Ami Bhatt an der Stanford University, die beispielsweise zur Probengewinnung und klinischen Studien beitragen. Weitere Partner wie Dr. Robert Hettich vom Oak Ridge National Laboratory und Catalyze bringen ihre Expertise bei Messungen und Business Development ein. Zudem haben Unternehmen wie SeNostic GmbH, ein deutscher Entwickler innovativer Diagnostik für neurodegenerative Erkrankungen, und NLC Health Ventures, ein Frühphasen-Investor aus Amsterdam, bereits ihr Interesse bekundet.

    „Verschiedene Faktoren haben zu diesem ERC-Grant beigetragen: ein Gastaufenthalt an der Stanford University 2024, währenddessen ich die wissenschaftliche Basis für das Projekt legen konnte, die anschließende Weiterführung der Arbeit hier in Luxemburg sowie die Unterstützung der Rotary Clubs Luxemburgs im Rahmen des Espoir-en-Tête Programms“, fasst Prof. Wilmes zusammen. „Unsere Hoffnung ist, mit diesem Projekt den ersten Bluttest zu entwickeln, der auf dem Mikrobiom und seinem Einfluss auf diese chronische Erkrankung beruht und eine Diagnose sowie Prognose ermöglicht. Das wäre ein Meilenstein für die Früherkennung und Behandlung von Parkinson mit dem Ziel, frühzeitig eingreifen zu können und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.“

    Das ExpoBiome-Projekt wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 für Forschung und Innovation (Fördervereinbarung Nr. 863664) gefördert.

    Der Forschungsaufenthalt von Prof. Wilmes an der Stanford University wurde durch ein Stipendium der Fulbright-Kommission für Belgien und Luxemburg sowie durch eine INTER-MOBILITY-Förderung des Luxembourg National Research Fund (Referenz 17856242) unterstützt.

    Das Projekt „Microbiome-derived amyloids as triggers of protein aggregation in neurodegenerative diseases“, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Prof. Michael Heneka und Prof. Alexandre Tkatchenko, wird durch Mittel der Rotary Clubs Luxemburgs im Rahmen des Espoir-en-Tête-Programms finanziert.

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