Ein neues Forschungsprojekt an der Universität Luxemburg untersucht die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, die in Heimen oder Pflegefamilien in Luxemburg aufwachsen. CHAMP, kurz für „CHildhood Adversity and Mental Health Project“, wird von den Profs. Pascale Engel de Abreu und Robert Kumsta geleitet und zielt darauf ab, die Auswirkungen negativer Erfahrungen in der Kindheit auf die kindliche Entwicklung zu untersuchen.
Am interdisziplinären Projekt beteiligen sich Forscher der Universität Luxemburg und des Luxembourg Institute of Health. Forscher werden Methoden aus der Entwicklungspsychologie sowie der epigenetischen Forschung anwenden. Langfristige Ziele sind einerseits eine bessere Früherkennung der besonderen Bedürfnisse von Kindern, die in Fremdunterbringung aufwachen, anderseits die Verbesserung der psychischen Gesundheit der betroffenen Kinder und Jugendlichen durch neue Interventionen.
In der Epigenetik wird studiert, wie das Verhalten und die Umwelt einer Person Veränderungen hervorrufen können, die die Funktion von Genen beeinflussen. Epigenetische Veränderungen sind potenziell reversible Veränderungen, die sich auf die Genaktivität auswirken, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Sie können jedoch die Art und Weise verändern, wie der Körper eine DNA-Sequenz liest.
Heute beeinflusst die Epigenetik die Forschung in vielen Bereichen, wie z. B. Biowissenschaften, Soziologie, Psychologie, Bildung und sogar die Wirtschaft.
Schwierige Lebenserfahrungen in der frühen Kindheit
Die Unterbringung in einem Heim oder einer Pflegefamilie ist ein zweischneidiges Schwert. Obwohl es eine Maßnahme ist, um das Kindeswohl zu schützen, stellt sie einen tiefen Einschnitt in dem Leben des Kindes dar. Forschung zeigt regelmäßig ein erhöhtes Risiko für Entwicklungs- und psychische Probleme bei Kindern, die außerhalb ihrer Familie aufwachsen.
Im Jahr 2023 wurden in Luxemburg etwa 1,400 schutzbedürftige Kinder und junge Erwachsene außerhalb ihrer Familie untergebracht, wie das nationale Kinderbüro ONE berichtete. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich häufig eine beunruhigende Realität von Kindesvernachlässigung und -misshandlung, was den dringenden Bedarf an gesellschaftlicher Sensibilisierung und Intervention unterstreicht.
Das CHAMP-Projekt – eine Teamarbeit
Prof. Pascale Engel de Abreu, Leiterin der Forschungsgruppe für sozio-emotionale und kognitive Entwicklung, und Prof. Robert Kumsta, Leiter des Labors für Stress und Gen-Umwelt-Interaktionen, leiten das Projekt an der Universität Luxemburg in Zusammenarbeit mit Dr. Jonathan Turner vom Luxembourg Institute of Health.
CHAMP wird sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstrecken. Das Projekt wird Kinder, Jugendliche und deren Betreuer in stationären Einrichtungen der Kinder- und Familienhilfe (AEF) sowie Pflegefamilien in Luxemburg einbeziehen. Darüber hinaus wird die Studie Kontrollgruppen umfassen, die sich aus Kindern und Jugendlichen aus der Allgemeinbevölkerung zusammensetzen. Die Forschung wird Fragebögen, Interviews sowie kognitive und epigenetische Tests umfassen.
Die Projektpartner sind das Office National de l’Enfance (ONE), FEDAS Luxembourg, FleegeElteren Lëtzebuerg, die Association Nationale des Communautés Éducatives et Sociales (ANCES), der Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher (OKaJu) und UNICEF Luxembourg. Die Forschungsgruppe wird außerdem von internationalen Experten für Kinder- und Jugendpsychologie und -psychiatrie aus Deutschland, Schottland und Neuseeland unterstützt.
Die Projektleiterin Pascale Engel de Abreu betont die Dringlichkeit einer gezielten Forschung in diesem Bereich.
‟ In Luxemburg besteht ein erheblicher Mangel an umfassender Forschung zu den Auswirkungen von Fremdunterbringung. Dies führt zu einer bedeutenden Lücke in unserem Verständnis für die Herausforderungen, mit denen gefährdete Kinder und Jugendliche konfrontiert sind. Das Schließen dieser Forschungslücke erweitert nicht nur unser Wissen, sondern stärkt auch die Interessenvertretung dieser Kinder und Jugendlichen. Umfassende Forschung bildet die Grundlage für fundierte Entscheidungsfindung und ebnet den Weg für verbesserte Politikgestaltung, verstärkte Unterstützung und vor allem eine bessere Zukunft für diese jungen Menschen.”

Außerordentlicher Professor