Prof. Jan Lagerwall, Physiker an der Universität Luxemburg, ist Empfänger eines Proof-of-Concept Grant des European Research Council (ERC). Das Forschungsstipendium dient der Herstellung von Folien und Fasern mit intelligenten Sensoren, die auf verschiedenen Materialien angebracht werden können und zur Überwachung der Sicherheit und Stabilität von Gebäuden bzw. in intelligenten Textilien eingesetzt werden können.
Mit dem ERC Grant wird das Projekt REVEAL „Revealing complex strain patterns and dangerous loads using cholesteric liquid crystal elastomers“ unterstützt.
Wachsender Bedarf an mechanischen Sensoren
Das Internet der Dinge, Industrie 4.0 und die zunehmende Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit von Sensoren haben neue Generationen von intelligenten Produkten hervorgebracht, die Zustandsinformationen in Echtzeit übermitteln können. Mechanische Sensoren, die oftmals Belastungen messen, sind Schlüsselkomponenten in zahlreichen Szenarien von intelligenten Objekten.
„In großem Maßstab eingesetzt, sind sie für die Überwachung der strukturellen Gesundheit unserer baulichen Umwelt von unschätzbarem Wert, z. B. bei Häusern, Brücken und Veranstaltungsarenen. Dezentrale Dehnungssensoren sind sehr nützlich für die Erkennung und Überwachung von Rissen in Betonstrukturen in Folge von Alterung und Abnutzung, und nach extremen Naturereignissen wie Erdbeben, Orkanen oder Überschwemmungen können sie helfen festzustellen, ob Gebäude gefährliche plastische Verformungen erlitten haben. Im Hinblick auf die nächste Generation intelligenter Gebäude, die errichtet werden, um diesen Problemen entgegenzuwirken, gibt es eine große Marktlücke für geeignete mechanische Sensoren“, kommentiert Prof. Jan Lagerwall.
Die derzeitige Technologie verwendet jedoch in der Regel eindimensionale Belastungssensoren mit geringer räumlicher Auflösung (ein Sensor, ein Wert), die nur begrenzte Informationen über komplexe Verformungen liefern. Sie können auch gefährliche Dehnungen übersehen, die sich in einem geringen Abstand zum Sensor befinden können.
Neuer Lösungsansatz
Prof. Jan Lagerwall und sein Team schlagen eine Lösung vor, die sowohl zweidimensionale dezentrale Belastungssensoren mit hoher räumlicher Auflösung beinhaltet, als auch eine eindimensionale Version die für intelligente Textilien sehr geeignet ist. Die neuen Konzepte für nicht-elektronische Belastungssensoren, die beide auf der mechanochromen Reaktion von cholesterischen Flüssigkristall-Elastomeren (CLCEs) basieren, ändern ihre Farbe als Reaktion auf mechanische Verformung. Das Wertangebot von REVEAL umfasst einfache und skalierbare Verfahren zur Herstellung von CLCE-Folien großer Größe und Fasern beliebiger Länge, die bei Dehnungen von bis zu 200 % eine ausgezeichnete lokale mechanochrome Reaktion (von rot nach violett) zeigen.
„Im Rahmen des Proof-of-Concept werden wir großformatige CLCE-Folien und lange Fasern herstellen und ihr Anwendungspotenzial bewerten, z. B. für die Überwachung von Strukturen, intelligente Kleidung und Sportgeräte. Wir wollen vor allem sicherstellen, dass die CLCE-Folien eine konsistente und abstimmbare Farbe mit ausreichender Zeitstabilität aufweisen. Schließlich werden wir prüfen, wie nützlich und effizient die Produkte in bestimmten Zielanwendungen sind“, erklärt Prof. Lagerwall.

Images scientifiques de l’étirement d’une plaque CLCE © Université du Luxembourg
Die Folien können vollflächig auf Materialien wie Beton, Holz, Kunststoff, Glas oder Stahl aufgeklebt werden. Die Anwendung erstreckt sich auch auf Kleidungsstücke: Die Fasern können in Stoffe eingewoben oder in elastische Kleidungsstücke eingenäht werden, ohne den Benutzerkomfort zu beeinträchtigen, und sie überstehen eine langfristige Nutzung und Maschinenwäsche. Diese neue Generation intelligenter Textilfasern kann vor allem bei Sport- und Pflegebekleidung, tragbarer Robotik, innovativer Mode und Kunst zum Einsatz kommen.
Das Forschungsprojekt läuft bis 2024, danach beginnt die Kommerzialisierungsphase. Dies ist der dritte ERC-Grant, den Prof. Jan Lagerwall erhält. Im Jahr 2015 wurde ihm ein ERC Consolidator Grant zugesprochen, um Grundlagenforschung zu Flüssigkristallen und ihren Verbundwerkstoffen zu betreiben. Darauf aufbauend erhielt er eine erste ERC Proof of Concept Förderung.